Montag, 11. Oktober 2010

bitterfotzig

Dieser Begriff ist unglaublich.

Ich schätze, ich bin auf dem Weg dahin, es zu werden.

Ich fühle mich jeden Tag galliger. Ich schütte die Galle aus auf wirklich Jeden. Zuallererst Jürgen. Der macht alles falsch und ist unerträglich. ICH kann ihn nicht ertragen. Die Art wie er guckt, isst, atmet. Weg. Geh weg und lass mich mit dem Kind allein, Du störst. Nein, geh nicht weg, ich brauch Dich, das wird mir zu viel und das Kind braucht seinen Vater und ich will eine Familie sein.

Dann die Nachbarin. Ihre motzige Visage und wie sie ihre Kinder in dieser hässlichen Sprache anherrscht. Wie eine Maschinengewehrsalve klingt das..

Überhaupt die Mütter. Wie grässlich sind mir Alle. Sie schimpfen, glucken, reden nur über Kinderkacka. Aber ach, was dachtest Du denn. Und was willst DU denn? Du bist doch genauso! Du bist ein Hausdrachen und am liebsten redest Du über Phil. Was mit den Kinderlosen nicht geht, die nervt das. Da bist Du ganz falsch.
Ich dachte, ich finde unter den Müttern eine Freundin. Aber ich habe mich noch nie so abgelehnt gefühlt wie seitdem ich selber Eine bin. Es kommt keine echte Bindung auf. Alle sind so wahnsinnig beschäftigt. Und Silke, ist mir nun klar geworden, hat sich zurückgezogen. Dabei war ich mir da soo sicher gewesen, wir würden passen. Ich verstehe es nicht. Was strahle ich aus? Oder bin ich zu alt? Wollen die Mitte 30igJährigen mit keiner so alten Mutter befreundet sein?
Vielleicht aber spüren sie einfach das Bitterfotzige? Das Unzufriedene, das Gereizte? Habe ich eine gallige Aura?

Kürzlich beim weinseligen Abend des IKID hat mich tatsächlich mal Jemand angeflirtet. "Ich sitze gern neben einer netten Dame und erst recht, wenn Sie hübsch ist".
Ich bin hübsch? Ich dachte, ich sehe müde und alt aus. So sehe ich mich. Fahl und leer. So fühle ich mich.

Was ist es nur, dass ich so geworden bin? Wechseljahre?

Ich rätsele und rätsele und im Grunde weiß ich es ja. Es ist die fehlende Zeit für mich selbst. Die fehlende Anerkennung. Niemand sagt, toll wie Du das alles wuchtest mit der Arbeit, dem Kind, dem Haushalt. Ich bekomme nur Kritik. Und bin ständig bemüht, es gut und besser zu machen. Mit Phil, dem Wohlerzogenen, nicht aufzufallen. Phil alles zu geben, was er braucht. Oder was ich meine, dass er braucht. Trotzdem für Alle da zu sein. Ich habe nie Zeit für mich, aber Alle verlangen meine Aufmerksamkeit. Sabine, die nur sich hat und ihre ständige Migräne wegen ihres Jobs. Jürgen mit seinen häufigen Wehwehchen, die dann wiederum zur Folge haben, dass ich mich um Philip kümmern muss. Ich schlafe wenig und muss trotzdem Alles geben. Ich frage mich was werden wird, wenn mit den Eltern was ist und der Tag wird kommen.

Ich bin müde und gereizt. Ich möchte, dass mich mal Jemand lobt und in den Arm nimmt. Sagt, Du hast toll gekocht und nicht "das ist zu salzig".
Es ist lieblos geworden in unserem Hause. Alle Liebe strömt zu Phil und für uns bleibt nichts übrig.

Stattdessen gibt es nur Tadel. Die Leute, die über die Mütter reden- so wie ich selbst. Nichts gegen die Kinder, aber die Mütter dazu sind ja das eigentlich Nervige, orgelte kürzlich Eine auf Sabines Sommerfest. Diese ständigen Zurechtweisungen, nie lassen die die Kinder mal in Ruhe.
Die Mütter heutzutage haben ihre Kinder ja überhaupt nicht im Griff, lassen die einfach laufen und kümmern sich nicht, orgelte eine Andere letzte Woche im DM.
Ich kann nicht mal einfach in ein Geschäft gehen, ohne Stress zu erleben! Es vergeht kein Tag ohne Kritik und Missbilligung. Die Einen sagen, Du trägst Dein Kind zu viel, verwöhn ihn nicht so, die Anderen sagen, Sie geben ihm ja hoffentlich die Zuwendung, die er einfordert, das ist in dem Alter äußerst wichtig! Nicht, dass der später Drogen nimmt, denke ich und trage ich ihn die Treppe runter, obwohl mein Arm schon seit Monaten schmerzt.

Und sehe aus dem Fenster und sehe die alleinstehende Frau von nebenan: sie geht joggen. TOP-Figur. Ausgeschlafenes, sattes Gesicht. Mag sein, dass sie einsam ist. Man sieht es ihr nicht an.
Ich sehe die Mutter von um die Ecke. 2 Kinder und superschlank. Top gepflegt. Die hat eine nanny. Obwohl sie nicht arbeitet. Der Mann zahlt ihr das, weil sie das braucht und er es ihr geben möchte. Wie hasse ich diese Weiber mit ihren BMW X 5 und den LV-Taschen.

Ja, bitterfotzig.